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Freitag, 29. März 2013

fragenfragenfragen: urheberrecht #1

gestern hatte ich die idee zu einem neuen konzept:

konzept #10: organ³/afasp

cages' organ²/aslsp so schnell wie möglich aufführen.
variation: so langsam wie möglich (as slow as possible), jedoch mit anderen (zufälligen) tönen.

auf die idee kam ich einfach so, weil ich, wie so oft, im internet rumgesurft bin und auch mal wieder auf das stück organ²/aslsp von john cage gestoßen bin. ich wollte einfach mal die idee des "so langsam wie möglich" umdrehen. ganz simpel. dann allerdings kam mir der gedanke nach dem urheberrecht: wenn ich die gleichen töne in der gleichen reihenfolge und dem gleichen rhythmus spiele, wie das original, ist es dann nur ein cover oder eine bearbeitung oder sogar ein plagiat? und wenn ich die idee nehme, vom "so langsam wie möglich", aber andere töne, als die von cage, ist es dann ein ideenraub und müsste ichd ann auch bestraft werden dafür?



ähnlich erging es wohl auch mike batt mit seinem stück one minute of silence, in dem er 1 minute reine stille komponierte. woran erinnert uns das? ganz klar: john cage 4'33". batt wurde des plagiarismus beschuldigt und angeklagt und das obwohl er das stück sogar mit "batt/cage" als autorenangabe herausgab. bedeutet das, dass allein schon eine idee als geistiges eigentum geschützt ist? was wäre denn die welt, wenn wir keine ideen kopieren dürften?! Zudem hat one minute of silence einen völlig anderen hintergedanken, als 4'33":
cage betrachtet die unumgänglichen nebengeräusche in einer konzertsituation, bzw. richtet die aufmerksamkeit auf geräusche in der umgebung, während es batt wirklich um die "stille" als solches geht. zwei unterschiedliche ansätze und dennoch ein plagiat? für mich unverständlich. 

anmerkung: warum wird mike batt verurteilt, aber john cage nicht? die idee der stille ist doch auch schon eine alte kamelle: alphonse allais hat bereits 1897 ein marche funèbre aus stille konzipiert, und auch erwin schulhoff hat 1919 ein stück aus reine stille komponiert. -> in futur(um) ist das ein plagiat

was,wenn es bei einm plagiat um die töne geht und nicht um das konzept? woran macht man dann das plagiat fest? es gibt fast unendlich möglichkeiten töne zu kombinieren und dennoch haben sich im tonalen bereich "klauseln" oder typische wendungen herrauskristalisiert, sowohl in der melodik, als auch in er harmonik.aber ist jetzt gleich jeder popsong mit einer IV-V-I-kadenz ein plagiat aller tonaler musik, alle I-V-vi-IV harmonieverläufe untereinander plagiat und jeder song, der auf den harmonien des pachelbel-bass basieren ein plagiat von pachelbel? und vor allem, wann ist eine melodie eine andere und wann ein plagiat?

wikipedia definiert eine melodie wie folgt:
"Eine Melodie (von griech. melos = Lied und odé = Gesang) ist in der Musik eine charakteristisch geordnete Folge von Tönen. Sie ist durch die auftretenden Intervalle, deren Richtung (fallend, steigend) (...) bestimmt."


musikkenner erkennen es sofort: das thema aus der 9.sinfonie von schubert.
darunter einige töne oktaviert und darunter einige töne random einen halbton höher. alles drei melodien.aber sind die unteren beiden neue melodien, oder plagiate? wikipedia sagt, dass eine melodie durch die auftretenden intervalle und deren richtung definiert ist (rhythmus behandel ich an späterer stelle). wie man sieht sind die intervalle und auch die richtung im zweiten system andere als im ersten, obwohl die töne die selben sind.heißt das, dass es eine neue melodie ist? ich würde zögerlich sagen: ja. durch die oktavierungen hat die ursprüngliche melodie einen neuen ausdruck und steht nur noch über die notennamen im bezug zum original, was jedoch auch viele andere stücke tun. beim letzten beispiel ist die sache nicht ganz so klar: zar sind einige der intervalle nicht mehr die selben, sodass es sich nicht genau wie das original anhört, jedoch ist auch noch ein beachtlicher teil an originaltönen vorhanden und (noch viel wichtiger) die bewegungsrichtung ist die gleiche.die frage nach einem plagiat würde ich dennoch wage mit einem nein beantworten. es handelt sich hierbei um eine bearbeitung und nicht um eine 1:1 übernahme, es ist verschleiert.
§3 im UrhG sagt über bearbeitungen:

"Übersetzungen und andere Bearbeitungen eines Werkes, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters sind, werden unbeschadet des Urheberrechts am bearbeiteten Werk wie selbständige Werke geschützt. Die nur unwesentliche Bearbeitung eines nicht geschützten Werkes der Musik wird nicht als selbständiges Werk geschützt."

wir sehen also, es ist sogar legal. nur: was ist eine unwesentliche bearbeitung?


fügen wir eine weitere eben hinzu: den rhythmus. fügen wir zu dem schubert-beispiel den rhythmus hinzu, so
sieht die ganze sache schon ganz anders aus: auf einmal haben die beiden unteren systeme einen weiteren bezug zum original und wer das original kennt, wir es sicher auch sofort damit in verbindung bringen, also sind es nun wohl doch plagiate.

und rhythmus allein? ist der schon schützenswert? wer kennt nicht das bekannte rhythmuspattern aus dem song we will rock you der band queen? "dum-dum-zack dum-dum-zack". viertel-viertel-halbe. diese folge gibt es in der musik bereits 28346328734684988767544 mal. warum werden nicht alle angeklagt, die nach dem song diesen rhythmus verwenden? oder queen, weil sie es von musiken vor ihrer zeit geklaut haben? das ist natürlich ein sehr extremes beispiel, keiner würde auf die idee kommen beim urheberrecht so kleinlich zu denken. dennoch ist genau das das problem: wie weit darf man in die musik schauen, bei plagiatsvorwürfen?
nur weil es sich ähnlich anhört, kann es ja trotzdem etwas völlig anderes sein.

man muss also (wie es ja auch getan wird) auf mehrere parameter eingehen, um etwas als plagiat einzustufen. in der regel sind es melodik, harmonik und form. für mich jedoch viel wichtiger ist eigentlich der hintergedanke, wie beim mike batt beispiel. es hört sich ähnlich/gleich an, aber der grundgedanke ist ein anderer und so ein ganz anderes stück. bei pop-musik wird es schwierig den hintergedanken ausfindig zu machen, so ist dieser doch meist einfach kommerz. für mich liegt deshalb darin auch die stärke in der konzeptmusik: sie zeigt schamlos dinge auf, indem ist nicht auf das ergebnis als solches ankommt, sondern auf den gehalt und die idee.

in zukunft werden wahrscheinlich noch weitere gedanken zum urheberrecht und dem thema plagiat in der musik. es ist noch nicht ausgestanden!


bei meinen recherchen bin ich auf diese nette seite von heiko maus m.a. gestoßen, die sich eingehend mit dem thema urheberrecht und plagiat explizit im bereich der musik auseinandersetzt.

niclas thobaben


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